Die nachfolgenden Abschnitte sind aus dem Buch “DER HUND, DER EIER LEGT” von Hans-Hermann Dubben und Hans-Peter Beck-Bornholdt (ISBN 978-3-499-62196-3), welches wirklich sehr interessant ist, jedoch ein mulmiges Gefühl hinterlässt, wie z.B. bei medizinischen Studien “geschummelt” wird.
Eigentlich weiss man nur, wenn man wenig weiss; mit dem Wissen wächst der Zweifel
(Johann Wolfgang von Goethe)
“Selektive Wahrnehmung hat nicht nur im täglichen Leben, sondern auch im wissenschaftlichen Alltag einen nicht zu unterschätzenden Einfluss, sei es beim Experimentieren oder beim Auffinden und Lesen von Fachliteratur. Paul Watzlawick (1976) , Psychologe und Kommunikationsforscher, stellt sogar die provokative These auf, «dass das wacklige Gerüst unserer Alltagsauffassungen der Wirklichkeit im eigentlichen Sinne wahnhaft ist und dass wir fortwährend mit seinem Flicken und Abstützen beschäftigt sind – selbst auf die erhebliche Gefahr hin, Tatsachen verdrehen zu müssen, damit sie unserer Wirklichkeitsauffassung nicht widersprechen, statt umgekehrt unsere Weltschau den unleugbaren Gegebenheiten anzupassen».”
Und später: «Ein Wissenschaftler, der ein auf reinem Zufall beruhendes Geschehen untersucht, wird, wenn er sich nicht grundsätzlich von den Hörern unserer Vorlesung unterscheidet, wahrscheinlich dennoch vermeintliche Gesetzmässigkeiten finden, die für ihn unzweifelhaft existieren. Dasselbe wird einem Forscher widerfahren, der mit unzulänglichen Methoden arbeitet. Die Daten, die er erhält, sind chaotisch, aber er wird darin eine Regel erkennen und die Gewissheit haben, dass sie gilt. Diejenigen hingegen, die zu dem richtigen Schluss kommen, dass keine Gesetzmässigkeit vorliegt, werden möglicherweise sehr unsicher in ihrem Urteil sein.
Das Unbehaben, das uns das Unbekannte, das Nichtverstandene bereitet, wird durch Erklärungen und Theorien erträglicher. Wenn sich Widersprüche zu unseren Gedankengebäuden ergeben, dann werden sie nicht verworfen, sondern lieber geflickt, erweitert und verfeinert. So entsteht eine sich selbst abdichtende Theorie, die sich schliesslich zu einer prinzipiell nicht falsifizierbaren Annahme verhärtet. Nach Karl Popper ist jedoch Falsifizierbarkeit (das heisst schlicht die Möglichkeit der Widerlegung) ein unverzichtbarer Bestandteil jeder wissenschaftlichen Theorie. Hierzu schreibt Watzlawick (1976): “Wenn wir nach langem Suchen und peinlicher Ungewissheit uns endlich einen bestimmten Sachverhalt erklären zu können glauben, kann unser darin investierter emotionaler Einsatz so gross sein, dass wir es vorziehen, unleugbare Tatsachen, die unserer Erklärung widersprechen, für unwahr und unwirklich zu erklären, statt unsere Erklärung diesen Tatsachen anzupassen. Dass derartige Retuschen der Wirklichkeit bedenkliche Folgen für unsere Wirklichkeitsanpassung haben können, versteht sich von selbst.»”
